Von: Friederike Grigoleit
Datum: 11.10.2022
Teamgeist entsteht nicht von selbst und kann gerade für Remote-Teams eine besondere Herausforderung darstellen. Wir erklären dir, warum es so wichtig ist, dass deine Mitarbeiter/-innen sich auch auf informeller Ebene austauschen. Und wir geben dir konkrete Tipps, wie du kommunikative Anlässe schaffen und somit das kollegiale Miteinander verbessern kannst.
Die Bedeutung von Small Talk für den Teamzusammenhalt und Challenges im Alltag
Teamgeist ist nicht nur im Sport entscheidend, sondern auch im Business. Denn nur, wer sich optimal ergänzt, kann langfristig erfolgreich sein. Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen müssen sich dafür aufeinander einlassen und vor allem: miteinander sprechen. Und das passiert nicht immer automatisch – vor allem dann nicht, wenn die einzelnen Team-Mitglieder sich nicht oder nur selten persönlich begegnen.
Spätestens seit den ersten Corona-Lockdowns ist den meisten Organisationen zwar bewusst, dass Remote Work nur funktioniert, wenn sich die Mitarbeiter/-innen an den verschiedenen Standorten regelmäßig abstimmen. Viele unterschätzen dabei jedoch den Wert des informellen Austausches. Denn damit ein Gefühl von Zugehörigkeit entsteht, braucht es auch Gespräche, die nicht zielgerichtet sind – sie bilden die Grundlage für zwischenmenschliche Beziehungen und psychologische Sicherheit. Denn Vertrauen im Team entsteht nicht nur durch Verlässlichkeit und gegenseitige Unterstützung, sondern vor allem auch durch persönliche Annäherung.
Wenn wir von Remote-Teams sprechen, schließen wir auch hybride Teams mit ein. Denn für die kommunikativen Abläufe sollte es unerheblich sein, ob nur einzelne Mitarbeiter/-innen von zuhause aus arbeiten oder ob sie abwechselnd im Büro und im Homeoffice tätig sind. In Zeiten von Gleitzeit- und Teilzeitarbeitsmodellen ist bloße Präsenz ohnehin kein Garant mehr für eine lückenlose Informationsweitergabe. Im Sinne des Teamzusammenhalts sollte der Grundsatz gelten: „Eine/-r remote, alle remote.“ Nur so kannst du sicherstellen, dass alle Mitarbeiter/-innen abgeholt werden – egal, ob sie täglich, nur zweimal pro Woche, nur an den Vormittagen oder nie im Büro sind.
„Eine/-r remote, alle remote.“

Remote Tipps gelten auch für hybride Teams | Bild: Ground Picture Shutterstock
Im Folgenden erfährst du mehr über den Zusammenhang von Small Talk und Teamgeist. Wir sagen dir, welche Aspekte für den Teamzusammenhalt entscheidend sind und welchen Herausforderungen du dich als Remote Teamleader stellen solltest. Im Anschluss geben wir dir Inspirationen, um die spontane Kommunikation in deinem Team anzuregen. Dabei lässt sich eines schon mal vorwegnehmen: Der Remote-Austausch kann genauso gut funktionieren wie vor Ort, er braucht aber bewusste Impulse.
Der Remote-Austausch kann genauso gut funktionieren wie vor Ort, er braucht aber beuwsste Impulse.
Teamgeist-Challenge No. 1: Ein Gefühl füreinander entwickeln
Der spontane Austausch über aktuelle Schwierigkeiten, den Nachwuchs oder einfach nur das Wetter – bei all diesen Interaktionen können Teammitglieder ein Gefühl füreinander entwickeln. Das ist vor allem dann wichtig, wenn im Arbeitsalltag viel schriftlich oder telefonisch kommuniziert wird, die Körpersprache also wegfällt.
Video-Calls können diese Verknappung der sozialen Signale zwar teilweise abfedern. Doch auch hier können Mimik, Gestik und Ausdrucksweise verloren gehen – wenn beispielsweise die Antworten verzögert ankommen oder die Bildqualität nicht optimal ist. Dann wird die Fähigkeit zur Empathie behindert und es können Missverständnisse entstehen. Wenn Kollegen/Kolleginnen sich aber gegenseitig gut einschätzen können, mit ihren Gewohnheiten und Persönlichkeiten vertraut sind, werden sie seltener aneinander vorbei kommunizieren.
Deshalb solltest du als Remote Teamleader dafür sorgen, dass deine Mitarbeiter/-innen Gelegenheit bekommen, sich kennenzulernen. Die Möglichkeiten dafür sind vielfältig – weiter unten im Text findest du einige Ideen.
Teamgeist-Challenge No. 2: Das Zugehörigkeitsgefühl stärken
Small Talk kommt noch eine zweite Funktion zu: Er vermittelt uns positive Signale aus der Gruppe. Denn er gibt uns das Gefühl, dass unsere Themen für die anderen Gruppenmitglieder von Belang sind. Zum anderen macht er verbindende Elemente sichtbar: Das können zum Beispiel Kinder im gleichen Alter sein, dasselbe Hobby oder ähnliche Ansichten. Damit lässt er uns der Gruppe zugehörig fühlen. Und dieses Gefühl bildet wiederum die Grundlage für eine gute Teamkultur.

Teamgeist wird durch gefühlte Zugehörigkeit gestärkt | Bild: wavebreakmedia Shutterstock
Eine Teamkultur, die von Wertschätzung, gegenseitigem Interesse und Ehrlichkeit geprägt ist, trägt wiederum wesentlich zu einer gelungenen Kommunikation bei. Denn wenn Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen sich respektiert und angenommen fühlen, fällt es ihnen in der Regel leichter, sich klar und verständlich auszudrücken und gegenseitig gute Absichten zu unterstellen. Und das wird sich nicht nur auf den Projekterfolg auswirken, sondern auch auf die empfundene Nähe. Kommunikation und Teamgeist bedingen sich somit wechselseitig.
Die gute Nachricht ist: Positive Gruppensignale lassen sich auch auf virtuellem Wege übertragen. Lies dazu mehr im nächsten Überschriften-Kapitel!
Teamgeist-Challenge No. 3: Gegenseitige Unterstützung signalisieren
Gedanken laut auszusprechen, kann uns außerdem dabei helfen, uns neu zu sortieren und einzelne Aspekte stärker voneinander abzugrenzen. Diese Betrachtung von außen führt uns mitunter schneller zu Lösungen als stundenlanges stilles Nachdenken.
Im Arbeitsalltag ergeben sich häufiger Schwierigkeiten, für die in Meetings scheinbar kein Platz ist, sodass wir glauben, sie allein lösen zu müssen. Wer schon mal ein Zweier-Büro geteilt oder eng mit einem/r Kollegen/Kollegin zusammengearbeitet hat weiß jedoch, wie wertvoll und zeitsparend es sein kann, seine Grübeleien zu teilen. Denn häufig stellt der/die Kollege/Kollegin dann eine entscheidende Frage oder hat sofort eine guten Ratschlag parat. Oder die Lösung ergibt sich für uns plötzlich von selbst – allein dadurch, dass wir eine emotionale Distanz zu unseren Gedanken entwickeln. Manchmal kann es schlichtweg auch ein Stück weit den Druck aus einer Situation herausnehmen, sich einem verständnisvollen Gegenüber anzuvertrauen.

Ein starkes Team unterstützt sich gegenseitig | Bild: Neil Thomas Unsplash
Solche Gespräche lassen sich natürlich auch online führen. Die Hemmschwelle liegt jedoch um ein Vielfaches höher, wenn erst zum Mobiltelefon gegriffen oder etwas schriftlich verfasst werden muss – besonders in neu zusammengestellten Teams, wenn die Kollegen/Kolleginnen sich noch nicht so gut kennen. Häufig blockiert uns auch die Angst, den/die Andere/-n in einem ungünstigen Moment zu erwischen – weil wir nicht sehen, was er/sie gerade tut. Vor Ort hingegen kann bereits ein mitfühlender Blick dazu ermutigen, sein Herz über einen Misserfolg auszuschütten – wenn der Kollege am Nachbartisch mitbekommen hat, dass ein Telefonat suboptimal verlaufen ist.
In Remote-Teams sollten deshalb gezielt Anlässe geschaffen werden, um sich fernab von jeder Agenda darüber auszutauschen, was einen aktuell bewegt. Und es gibt Tricks, um die Hemmschwelle für spontane Kontakte abzusenken – aber dazu später mehr.
Teamgeist-Challenge No. 4: Flurfunk bewusst pflegen
Wenn Mitarbeiter/-innen ins Gespräch kommen, kann natürlich auch getratscht werden. Der sogenannte Flurfunk wird deshalb von vielen Führungskräften gefürchtet. Zu groß ist die Angst, dass die sorgfältig geplante interne Kommunikation unterwandert wird – indem sensible Informationen frühzeitig durchsickern oder gar Gerüchte entstehen.
Der Flurfunk bietet aber nicht nur Risiken, sondern auch Chancen: Über die interne Kommunikation hinaus kann er wichtige Informationen verbreiten und außerdem soziale Funktionen erfüllen. Denn das Gerede am Arbeitsplatz kann einerseits den Teamzusammenhalt stärken und andererseits die Werte und Stimmungen der Gruppe transportieren – also entscheidende Hinweise für das Management liefern. Somit ist er ein guter Indikator für das Betriebsklima.
Die Arbeitspsychologin Kathryn Waddington von der Universität London fand bei einer Umfrage sogar heraus, dass regelmäßiger Flurfunk die Produktivität steigern kann. Demnach half der Plausch zwischendurch den rund hundert befragten Krankenpflegern und -schwestern dabei, „Dampf abzulassen“ und anschließend konzentriert weiterzuarbeiten.
Im nächsten Abschnitt erfährst du, wie du deinen Team-Mitgliedern mehr Gelegenheiten zum Plaudern einräumen kannst.
Kommunikative Anlässe für mehr Teamgeist schaffen
Was im Büroalltag automatisch geschieht, braucht im Remote-Kontext unter Umständen etwas mehr Anschub. Denn Begegnungen am Drucker, an der Kaffeemaschine oder im Fahrstuhl finden ebenso wenig statt wie gemeinsame Mittagessen. Deshalb solltest du ganz gezielt Anlässe für informelle Kommunikation schaffen. Doch wie kann es gelingen, einen Austausch zu planen und gleichzeitig ungezwungen zu gestalten? Wir geben dir Impulse.
Teamzusammenhalt entsteht durch regelmäßigen Austausch
Wichtig ist, dass Gespräche jenseits von Projekt-Abstimmungen nicht nur angestoßen, sondern auch kontinuierlich am Laufen gehalten werden. Hier kommen ein paar Ideen, wie du die alltägliche Kommunikation in deinem Team verbessern kannst.
Team-Chat-Gruppen
Viele Teams, ob remote oder nicht, nutzen für den alltäglichen Austausch Chat-Gruppen. Denn Tools wie Slack, MS Teams oder Google Chat machen es allen Team-Mitgliedern leicht, Besprochenes nachzuvollziehen.
Als Führungskraft gibst du hier den Ton vor. Wenn du hin und wieder mal ein Meme, GIF oder Emoji teilst und das ein oder andere private Thema platzierst, werden deine Mitarbeiter/-innen es dir sicherlich bald gleichtun, sodass eure Kommunikation höchstwahrscheinlich aufgelockert wird.
Ein zweiter Tipp von unserer Seite ist, unbedingt die Statusmeldungen zu nutzen. Denn sie geben Auskunft darüber, wer gerade verfügbar, beschäftigt oder abwesend ist. Dies kann der Angst vorbeugen, eine/-n Kollegen/Kollegin in einem ungünstigen Moment zu erwischen, wenn man ihn/sie spontan kontaktiert. Vielleicht habt ihr ja auch Lust, eigene Statusmeldungen zu kreieren, wie „offen für Raucherpausen-Gespräche“ oder „In After-Work-Drink-Stimmung“.
Tägliche Guten-Morgen-Meetings
In einigen Organisationen ist auch das tägliche Video-Call-Morgen-Meeting bereits zur Routine geworden. Und tatsächlich kann es sich positiv auf den Teamgeist auswirken, wenn deine Mitarbeiter/-innen gemeinsam in den Tag starten und sich darüber austauschen, welche Aufgaben sie zu bewältigen haben. Dies kann unter anderem auch eine gute Grundlage sein, um sich gegenseitig zu unterstützen – weil sichtbar wird, wer gerade in Arbeit versinkt und wer eventuell etwas Leerlauf hat.
Neben solchen organisatorischen Fragen solltest du deinen Team-Mitgliedern aber auch Zeit einräumen, Persönliches zu teilen – zum Beispiel im Rahmen von kurzen Check-ins und Check-outs. Und auch Geburtstage sollten in diesem Rahmen gewürdigt werden, vielleicht sogar mit einer virtuellen Überraschungsparty.
Wöchentliche Team-Meetings
Wer sich nicht jeden Tag an einen gemeinsamen virtuellen Tisch setzt, sollte das zumindest einmal pro Woche tun. Für das wöchentliche Team-Meeting hat sich in vielen Organisationen der Montag etabliert, also der Wochenstart. Das Team-Meeting bietet einen guten Rahmen, um sich zu synchronisieren – einen Überblick über Fortschritte zu geben und gemeinsame Ziele zu besprechen.
Small-Talk sollte dabei ein fester Teil der Agenda sein. Damit die Plauderei in Gang kommt, kannst du gezielte Nachfragen stellen, wie „Was habt ihr am Wochenende erlebt?“ oder „Wie fühlt ihr euch angesichts der Veränderungen in unserer Firma?“. Oder du nutzt Online-Meeting-Spiele, um das Eis zu brechen. In größeren Teams bieten sich auch Breakout-Gruppen an, in die du dich dann reihum zuschalten kannst.
Außerdem wichtig: In der Kommunikation solltest du einzelne Mitarbeiter/-innen immer namentlich ansprechen, damit eine bewusste Verbindung entsteht.
Team-Events: Verbindende Höhepunkte im Arbeitsalltag
Um das persönliche Miteinander zu stärken, kannst du deinen Team-Mitgliedern außerdem verschiedene Angebote für die Pausen- und Feierabendgestaltung unterbreiten. Denn auf ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt lässt es sich schließlich auch virtuell anstoßen. Als Remote Teamleader solltest du hier kreativ werden und auf die Vorlieben deiner Mitarbeiter/-innen eingehen. Möglichkeiten gibt es viele: Sie reichen vom virtuellen Mittagessen über Yoga-Meetings bis hin zu Teambuilding Online-Games wie Homeoffice-Bingo oder Tabletop Simulator. Viele klassische Team-bildende Spiele lassen sich ohne Weiteres auf den Online-Modus übertragen, oder du nutzt die Angebote im Netz.

Screenshot des Online-Teambuilding-Spiele-Anbieters GreenhatGames
Gerade in Remote-Teams bietet es sich zwar an, das Thema Teambuilding online anzugehen. Umso besser wäre es aber, die Online-Events auch durch Veranstaltungen vor Ort, also am Hauptsitz eurer Organisation, zu ergänzen. Geeignete Anlässe wären zum Beispiel der Beginn der Grillsaison, ein gewonnener Pitch oder die Begrüßung neuer Team-Member.
Besonders gewinnbringend können auch Team-Offsites sein, zu denen ihr an einem inspirierenden Ort zusammenkommt und gemeinsam mit einem/r Workshop-Moderator/-in euren Purpose, eure Strategie oder eure Ziele erarbeitet oder aktualisiert. Persönliche Nähe und Teamzusammenhalt können schließlich auch durch eine gemeinsame Ausrichtung entstehen.
Kleingruppen-Gespräche als Treiber für den Teamgeist
Damit Individuen als Team funktionieren, müssen sie sich verbinden – und zwar nicht nur mit der Gruppe, sondern auch mit einzelnen Gruppenmitgliedern. Häufig gelingt das Einfinden in eine Gruppe umso schneller, wenn wir Verbündete finden. Und gerade für neue Kollegen/Kolleginnen kann es ein Anker sein, wenn sie gleich zu Beginn Vertrauen zu einer bestimmten Person aufbauen, an die sie sich auch bei anfänglichen Fragen und Unklarheiten wenden können.
Im Büroalltag gesellen sich Kollegen/Kolleginnen meist schnell zueinander, wenn sie Gemeinsamkeiten erkennen – sei es eine ähnliche Lebenssituation, die gemeinsame Vorliebe für ausgiebige Mittagspausen oder einfach dasselbe Alter. Arbeiten wir remote, können wir uns weniger gut beobachten und sind mehr auf das angewiesen, was unser Gegenüber im Gespräch über sich preisgibt. Deshalb solltest du als Remote Teamleader gezielt Anlässe schaffen, zu denen sich Team-Member gegenseitig „abklopfen“ können. Dabei solltest du einen Rahmen schaffen, in dem sich auch zurückhaltende Kollegen/Kolleginnen wohlfühlen: In kleineren Gesprächsrunden mit zwei bis sechs Personen fällt es den meisten Menschen leichter, sich zu öffnen.
Für den Austausch in kleiner Runde bieten sich “ an: Dabei werden zwei Kollegen/Kolleginnen nach dem Zufallsprinzip für ein zwangloses Gespräch per Video-Call einander zugeteilt. Das kann täglich geschehen oder auch wöchentlich. Solche Teamwork-Spiele lassen sich natürlich nach Belieben abwandeln: So können diese Plauder-Runden zum Beispiel auch in kleinen Gruppen stattfinden oder als Telefonate, während eines gemeinsamen Spaziergangs nach dem Mittagessen.

Screenshot des Tools Donut, dass informelle Kommunikationsanlässe fördert
Wenn du dir bereits über einzelne verbindende Elemente deiner Team-Mitglieder bewusst bist, könntest du auch gezielt Gesprächsrunden für bestimmte Interessengruppen ansetzen – zum Beispiel für Mitarbeiter/-innen, die sich für das Thema Nachhaltigkeit in eurer Organisation einsetzen möchten. Möglich wäre auch, einen Meeting-Raum für Gespräche zwischendurch einzurichten, der rund um die Uhr offen steht. Lounge-Musik und ein ansprechender virtueller Hintergrund könnten dabei für eine einladende Atmosphäre sorgen.
Wenn der Austausch einmal in Gang gekommen ist, werden sich die einzelnen Teammitglieder vermutlich öfter mal außer der Reihe kontaktieren – sei es, um das eigene Verhalten zu reflektieren, um sich einen Rat einzuholen oder einfach, um sich zu verbinden. Und das wird nicht nur auf den Teamgeist einzahlen, sondern auch auf den Workflow.
Ideen für mehr informellen Austausch im Remote-Team
Erfahrungsbericht: „Das Bedürfnis nach sozialer Einbindung muss befriedigt werden“
„Ich arbeite bereits seit 2007 zu 95 Prozent remote. Meine Aufgabe ist es, Organisationen dabei zu unterstützen, ihre Lernstrategie digital zu gestalten. Zu Beginn hatte ich Probleme, mich mit dem Homeoffice anzufreunden. Doch dann erkannte ich, wo das Problem lag: Mir fehlte schlichtweg die Verbindung, der spontane Austausch mit den Kollegen/Kolleginnen. Dieses Streben nach sozialer Einbindung wird in der Psychologie als Anschlussmotiv bezeichnet und gilt als wichtigstes menschliches Bedürfnis. Als mir bewusst wurde, was mir fehlte, startete ich noch im selben Jahr „Runden des virtuellen Kaffeetrinkens“ im europäischen Team, damals mit Kollegen/Kolleginnen in sechs Ländern. Wir trafen uns ein- bis zweimal in der Woche und ohne eine feste Agenda, um der Spontanität bewusst Raum zu geben. Nach etwa vier Wochen hatten sich die Runden etabliert und wurden immer größer. Mir wurde dann klar, dass ich neben dem Austausch in größerer Runde auch den Austausch mit einzelnen Kollegen/Kolleginnen brauchte. Und so nahm ich mir vor, mich jeden Tag für 15 Minuten mit einem/r Kollegen/Kollegin in einem Video-Chat zu treffen und mich darüber auszutauschen, was gerade Freude macht, und was stört. Dadurch bekam ich wiederum die Einsicht, dass ich darunter litt, dass es keine festen Routinen zwischen mir und meiner damaligen Chefin gab. Ich brauchte Feedback – wollte regelmäßig wissen, ob ich auf dem richtigen Weg bin. Deshalb bat ich sie darum, dass wir im Abstand von ein bis zwei Wochen Vier-Augen-Gespräche einplanen. Meine Chefin nahm meinen Vorschlag positiv auf und wir führten diese Routine sogleich ein. 2010 fand dann sogar unsere Weihnachtsfeier als Online-Event statt. Und 2017 habe ich erstmals Onboarding-Programme für neue Team-Mitglieder online gestaltet und durchgeführt – mit überragendem Feedback. 2019 folgte ein internes Online-Coaching-Konzept für meinen Fachbereich. Nun sind das nach wie vor geplante Kommunikationsevents. Was aber tun, wenn wir im Homeoffice, Coworking Space oder auf der Parkbank arbeiten und plötzlich etwas passiert, das uns aus der Balance bringt? Ein unerwartetes Ereignis, als Ergebnis von einer gerade gelesenen, empfangenen Information kann uns emotional beschäftigen und somit unsere Produktivität bremsen. Deshalb gewöhnte ich mir an, auch spontan Kontakt zu vertrauten Kollegen über MS Team, Slack oder andere Kommunikationskanäle aufzunehmen und zu fragen „Wann hättest Du heute fünf bis zehn Minuten Zeit, es ist gerade etwas passiert, das ich nicht so richtig einordnen kann und am liebsten dir teilen würde“. Sehr oft war die Antwort „Sofort, lass uns reden“. Diese ungeplanten und vertrauensvollen „Mitteilungsrunden“ haben mir mehrmals sehr geholfen, in einen konstruktiven Arbeitsmodus zu kommen, belastende Emotionen zu verarbeiten und mich wieder in die Lage zu versetzen, nach vorne zu schauen. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: online worx.“
Monika Hübner, Coachin für Führungskräfte, New Work Facilitator und Expertin für digitale Lernformate in Organisationen
Fazit
Für den Teamgeist ist es unerlässlich, dass deine Mitarbeiter/-innen sich kennenlernen beziehungsweise ihre Beziehungen zueinander vertiefen. Dazu braucht es informelle Gespräche und gemeinsam verbrachte Zeit. Als Remote Teamleader solltest du dir bewusst machen, dass Begegnungen anders funktionieren. Dabei kann der Online-Modus durchaus Chancen bieten, denn er ermöglicht einen direkten Draht und schnellen Austausch.